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21.03.2023

21.03.2023 | Lehrkräftemangel: Forschungsstarke Universitäten der German U15 verabschieden Positionspapier

Die Universitäten von German U15, dem Verbund forschungsstarker Universitäten in Deutschland, haben heute auf dem 8. German U15 Dialog zur Zukunft der universitären Lehre ihr Positionspapier zum Lehrkräftemangel verabschiedet.

In dem Papier verständigen sich die Hochschulen auf Maßnahmen, die die Qualität und Professionalität des Lehramtstudiums und des Berufs "Lehrer*in" stärken sollen. Damit reagieren die Hochschulen auf den akuten und sich weiter zuspitzenden drastischen Lehrkräftemangel sowie den Reformstau an den Schulen.

Nach Schätzungen der Kultusministerkonferenz werden in den nächsten zehn Jahren bundesweit mindestens 30.000 Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen fehlen. Auch das Interesse am Lehramtsstudium an den Hochschulen ist mit 13,7 Prozent weniger Studienanfängern im Studienjahr 2021/22 gegenüber dem Vorjahr gesunken.

Der Bildungsnotstand hat bereits jetzt gravierende soziale, wirtschaftliche, politische und wissenschaftliche Folgen und gefährdet dauerhaft die Zukunftsfähigkeit Deutschlands. Davon sind auch die Hochschulen betroffen: Für den Fortbestand exzellenter Forschung und Lehre sind sie auf hervorragend ausgebildete Schülerinnen und Schüler angewiesen. Zudem tragen sie mit dem Lehramtsstudium die Verantwortung für eine qualitätsgesicherte Bildung und Professionalisierung angehender Lehrerinnen und Lehrer und sichern damit die Qualität schulischer Bildung sowie die Attraktivität des Lehrberufs. Die German U15-Universitäten bilden ein Drittel aller angehenden Lehrkräfte in Deutschland aus.

Das heute verabschiedete Positionspapier enthält Vorschläge, die sich an die Politik in Bund und Ländern aber auch an die Hochschulen selbst richten. Es unterscheidet Ad-hoc-Maßnahmen zur Krisenbewältigung von längerfristigen grundsätzlichen Maßnahmen, die auf eine grundlegende Reform der Lehrer*innenbildung gerichtet sind.

Die Maßnahmen im Überblick

 

I. Ad-hoc-Maßnahmen zur Krisenbewältigung

  1. Allen künftigen Lehrer*innen einen qualitätsgesicherten Bildungsweg ermöglichen. Es gibt mittlerweile viele Wege ins Lehramt. Unverzichtbar ist, dass alle rechtlich klar abgesteckt und vor allem qualitätsgesichert erfolgen. Universitäten könnten dafür praxiserprobte Formate in Aus-, Fort- und Weiterbildung anbieten und so die Qualitätssicherung von Quer- und Seiteneinsteiger*innen gewährleisten. Dafür brauchen sie entsprechenden Ressourcen.
  2. Universitäres Know-How nutzen, um fachfremde Lehrkräfte durch spezifisches Qualifizierungs-/Fortbildungsangebot zu professionalisieren. Wenn Lehrkräfte für fachfremden Unterricht in der Krise eingesetzt werden, müssen sie dafür qualifiziert bzw. fortgebildet werden. Universitäten haben dafür passgenaue, hochwertige Formate. Dieses Know-How von Universitäten muss im Fort- und Weiterbildungsbereich deutlich stärker als aktuell ausgeschöpft werden.
  3. Wenn Lehramtsstudierende als Lehrkräfte eingesetzt werden, muss dies zeitlich begrenzt geschehen und vor allem professionell begleitet werden. Praxiserfahrungen sind wertvoll, doch zugleich kann die Qualität der Lehrer*innenbildung unter einer zu frühen Berufstätigkeit von Studierenden leiden. Ebenso kann sich die Dauer des Studiums verlängern. Eine klare zeitliche Regulierung und eine professionalisierende Begleitung sind daher unverzichtbar.
  4. Die Attraktivität des Lehramtsstudiums durch positive Schulerfahrungen steigern. Nur wenn es gelingt, attraktive Rahmenbedingungen für den Lehrberuf zu schaffen, haben die Universitäten eine realistische Möglichkeit, genug Studieninteressierte für ein Lehramtsstudium zu gewinnen. Die Entlastung von Lehrer*innen, unter anderem durch die Etablierung multiprofessioneller Teams, aber auch die Förderung neuer Karrierewege durch flexible rechtliche Vorgaben aus der Politik können dazu beitragen, dass das Interesse am Lehramtsstudium wieder steigt.
  5. Einrichtungen der Lehrer*innenbildung als Centers of Excellence jetzt stärken und vernetzen, um Lösungen für die akuten und grundsätzlichen Herausforderungen zu entwickeln. Die Universitäten in Deutschland haben unterschiedliche Strukturen und Schwerpunktsetzungen in der Lehrer*innenbildung herausgebildet. Die aktuelle Debatte verdeutlicht, dass Bund, Länder und die Universitäten jetzt gemeinsam handeln müssen, um die Zukunftsfähigkeit der Lehrer*innenbildung zu garantieren. Hierfür sollte mit Unterstützung und Einbindung der Politik ein länderübergreifendes Austauschnetzwerk von Einrichtungen der Lehrer*innenbildung etabliert werden, das einen kontinuierlichen Erfahrungsaustausch ermöglicht und den Wissenstransfer beschleunigt.

II. Grundsätzliche Maßnahmen für die Zukunftsfähigkeit der Lehrkräftebildung

  1. "Qualitätsoffensive Lehrer*innenbildung" fortsetzen, um die Innovationsfähigkeit der Lehrkräftebildung zu sichern. Wir begrüßen nachdrücklich die Vereinbarung im Koalitionsvertrag der Bundesregierung, die Qualitätsoffensive Lehrer*innenbildung (QLB) auch über 2023 hinaus fortzuschreiben. Förderbedarfe und Förderlogiken sollten gemeinsam mit den Universitäten erarbeitet werden, damit ein neues Programm den notwendigen Beitrag zur Bewältigung der Bildungskrise leisten kann. Die QLB sind eine Erfolgsgeschichte: Sie haben die Stellung der Lehrkräftebildung in der Universität deutlich erhöht und sich als Instrument bewährt, um Innovationen aus der Universität in die Schule zu bringen.
  2. Polyvalenz und Wissenschaftsbasiertheit der Lehrer*innenbildung sichern. Universitäten bilden angehende Lehrer*innen nicht aus, sie bilden sie. Das Lehramtsstudium ist in diesem Sinne ein wissenschaftliches Studium. Lehrer*innenbildung ist forschungsorientiert und stärkt neue Formen des Umgangs mit Wissen und Erkenntnis. Ihr Ziel ist es, angehende Lehrer*innen zu befähigen, fachliches Wissen und Können nicht nur einmalig zu erwerben, sondern fortlaufend selbständig aktualisieren und weiter entwickeln zu können. Die Polyvalenz des Lehramtsstudiums ist entscheidend, um die Durchlässigkeit zwischen Fach- und Lehramtsstudium zu sichern. Sie ermöglicht die Einbettung wissenschaftlicher Methoden und Fragestellungen in den Fachunterricht und bietet künftigen Lehrer*innen Perspektiven der fachlichen Weiterentwicklung.
  3. Universitäten müssen viel stärker zu Orten der Weiterbildung werden. Dafür muss der Wissenstransfer zwischen Universitäten und Schulen schneller und besser werden. Universitäten und Schulen müssen für alle Phasen der Lehrkräftebildung gemeinsame Ansätze und Modelle entwickeln, die den gegenseitigen Wissenstransfer fördern. Das Potenzial von Universitäten durch ein wissenschaftlich basiertes, attraktives Fort- und Weiterbildungsangebot, einen stärkeren Beitrag zum “lebenslangen Lernen“ von Lehrer*innen zu leisten, muss stärker und systematisch genutzt werden. Die Länder müssen die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass der Besuch solcher Angebote für Lehrer*innen attraktiv ist und in den Universitäten ein solcher Beitrag nachhaltig abbildbar ist.
  4. Internationale Mobilität im Lehramt weiter fördern. Die Internationalisierung in der Lehrer*innenbildung muss weiter gezielt gefördert werden, damit sie zu einer stärkeren Vernetzung und einem gegenseitigen Forschungsaustausch beitragen. Universitäten können dank ihrer Expertise und ihrer globalen Netzwerke sowohl den internationalen Wissensaustausch als auch die Mobilität der Lehramtsstudierenden voranbringen. Die Politik ist gefordert, Lehramtsstudierenden durch die Anpassung rechtlicher Rahmen- und Förderbedingungen ein Auslandsstudium oder ein Schulpraktikum im Ausland ohne offene Anerkennungsfragen zu ermöglichen.

Weitere Informationen:
Das vollständige Positionspapier finden Sie ab 21.3., 14 Uhr hier: https://zfl.uni-koeln.de/das-zfl/veranstaltungen/8-german-u15-dialog

 

Pressekontakt:

Yannick Bauer
German U15 e.V.
Tel. +49 030 206049 182
E-Mail: yannick.bauerSpamProtectiongerman-u15.de

Merle Hettesheimer
Universität zu Köln / Zentrum für LehrerInnenbildung
Leitung Kommunikation und Events
Tel. +49 221 470 5687
E-Mail: m.hettesheimerSpamProtectionuni-koeln.de